Deutscher Critical Load Datensatz

Prinzip der Critical Load

Unter dem Begriff Critical Load sind naturwissenschaftlich begründete Belastungsgrenzen zu verstehen, die für die Wirkung von Luftschadstoffen auf unsere Umwelt ermittelt werden. Die Einhaltung oder Unterschreitung solcher Belastungsgrenzwerte gibt nach heutigem Wissen Gewähr dafür, dass ein ausgewähltes Schutzgut, der ökologische Rezeptor, weder akut noch langfristig geschädigt wird. Die Schutzgüter oder Rezeptoren können ganze Ökosysteme sein, Teile davon oder Organismen, aber auch Baudenkmäler oder besondere Materialien. Als Wert für die Critical Loads wird in quantitativer Abschätzung derjenige Schadstoffeintrag bestimmt, bei dessen Unterschreitung nach derzeitigem Kenntnisstand schädliche Effekte am ausgewählten Schutzgut nicht zu erwarten sind.

In Deutschland wurde, wie in vielen anderen europäischen Ländern auch, für den Wald und andere naturnahe Ökosysteme der Critical-Load-Ansatz benutzt, um für den Säureeintrag und für die eutrophierenden  Luftschadstoffe die ökologischen Belastungsgrenzen zu bestimmen. Dazu benutzt wird eine Massenbilanzmethode, bei der - wie auf einer Waage - den Einträgen der betrachteten Stoffe auf der einen Seite die Aufnahme oder Festlegung dieser Stoffe sowie ein unschädlicher oder tolerierbarer Austrag auf der anderen Seite gegenübergestellt werden. Solange diese Waage ausgeglichen ist werden die ökologischen Belastungsgrenzen - die Critical Load - nicht überschritten. Jeder weitere Eintrag führt jedoch zu einer Schädigung des Rezeptors und zur Gefährdung der Stabilität des Systems. Im Vergleich mit der aktuellen Luftbelastung durch diese Schadstoffe zeigt sich dann, wo und in welchem Umfang weitere Maßnahmen notwendig sind, um auf Dauer stabile Ökosysteme zu erhalten. Die Einhaltung ökologischer Belastungsgrenzen wird damit Kriterium und Ziel von Maßnahmen im Umweltschutz.
Den Critical Load werden die tatsächlichen Depositionen atmosphärischer Schadstoffe (Actual oder Deposition Load) gegenübergestellt (siehe Abbildung). Aus der Differenz der beiden Größen ergibt sich, ob die Belastungsgrenzen eingehalten oder überschritten werden. Bei einer Überschreitung (Exceedance) der Critical Load sind Maßnahmen zur Reduzierung der Schadstoffbelastung notwendig. Dabei ist das generelle Ziel die Einhaltung der Critical Load, auf dem Weg dahin sind Zwischenziele (Target Load) möglich.

 

Deutsche Critical Load Daten

Für das “International Cooperative Programme on Modelling and Mapping of Critical Levels & Loads and Air Pollution Effects, Risks and Trends“ (ICP M&M) stellen die „National Focal Centre“ (NFC) länderspezifische Daten zu den Critical Load zur Verfügung. Im Auftrag des Umweltbundesamtes erfüllt ÖKO-DATA diese Aufgabe für Deutschland. Entsprechend den Datenanforderungen durch das Coordination Center of Effects (CCE), dem die Zusammenstellung der internationalen Critical Load Datensätze obliegt, werden jeweils aktualisierte nationale deutsche Datensätze bereitgestellt und übermittelt. Als nächster Termin für die Aktualisierung der nationalen Daten ist der März 2015 benannt.

  • Critical Load zum Schutz vor Versauerung

    Als "Critical Load für Säureeinträge" wird die höchste Deposition von säurebildenden Verbindungen (Schwefel und Stickstoff) verstanden, die langfristig keine schädigenden Effekte in Struktur und Funktion der Ökosysteme infolge chemischer Veränderungen hervorruft. Um beide Luftschadstoffe berücksichtigen zu können, wird die Empfindlichkeit des Ökosystems in Säureäquivalenten angegeben. 1000 Äquivalente pro Hektar und Jahr (eq ha-1 a-1) entsprechen dann etwa einem Eintrag von 16 kg Schwefel oder 14 kg Stickstoff.
    Da ein Teil des Stickstoffeintrags von der Vegetation als Nährstoff aufgenommen werden kann, gilt als Belastungsgrenze für die Säure der Wert für Schwefel, CLmax(S), der in nebenstehender Abbildung dargestellt wird. Damit ist gewährleistet, dass der Critical Load für beliebige Depositionsbedingungen Gültigkeit hat und somit die genaue Zusammensetzung von versauernden Stoffeinträgen nicht bestimmt werden muss.

    Eine ausführliche Darstellung der Methoden und Ergebnisse findet sich in den UBA-Texten 63/2014
  • Critical Load zum Schutz vor Eutrophierung

    Stickstoffeinträge können zu einem Stickstoffüberschuss in Ökosystemen führen. Verbunden mit einer Auswaschung basischer Nährkationen aus dem Boden wird so das Nährstoffgleichgewicht gestört. Dieser Effekt ist als Eutrophierung bekannt. Die zulässige eutrophierende Stickstoffdeposition kann als die Einstellung des Gleichgewichtes zwischen Stoffein- und -austrägen beschrieben werden. Zeitweilige Abweichungen vom Gleichgewichtszustand werden toleriert, solange das System aus sich heraus regenerationsfähig bleibt (quasistationärer Zustand). Die nach der Massenbilanz ermittelten Critical Load für eutrophierenden Stickstoff, CLnut(N), schließen auch den Bereich der empirischen Critical Load ein, sind jedoch sehr viel differenzierter und überdecken einen größeren Wertebereich (siehe nebenstehende Abbildung).

    Eine ausführliche Darstellung der Methoden und Ergebnisse findet sich in den UBA-Texten 63/2014
  • Critical Load für Schwermetalle

    ÖKO-DATA ermittelt in einem vom Umweltbundesamt geförderten Projekt Critical Load für Blei, Cadmium, Quecksilber, Arsen, Kupfer, Zinn, Zink und Chrom. Die betrachteten Schutzgüter sind sowohl Ökosysteme (Vegetation und Bodenorganismen) als auch die menschliche Gesundheit (Trinkwasser und Nahrungsmittel, insbesondere Weizen). Zusätzlich zu den naturnahen Ökosystemen der Wälder und den halbnatürlichen Offenlandformen werden hierbei auch die Ackerböden einbezogen. Der methodische Ansatz zur Berechnung von Critical Load für Schwermetalle folgt den Empfehlungen im Manual des ICP Modeling &. Mapping.
  • Einhaltung oder Ãœberschreitung der Critical Load in Deutschland

    Die Einhaltung oder Überschreitung der Critical Load wird als ein Indikator für die Belastung der Ökosysteme durch Luftschadstoffe gesehen. Mit den vorliegenden Depositionsdaten des Jahres 2009 zeigt sich, dass die Critical Load für Versauerung in Deutschland nur noch auf wenigen der betrachteten Ökosystemflächen überschritten werden. Auf nahezu 85 % der Rezeptorfläche werden die Critical Load eingehalten und die Ökosysteme sind zukünftig nicht mehr einem Versauerungsrisiko ausgesetzt, wenn auch durchaus noch Auswirkungen hoher Belastungen aus der Vergangenheit eine Rolle spielen können.
    Die Belastungsgrenzen für Eutrophierung bleiben demgegenüber bei etwa der Hälfte aller untersuchten Ökosysteme überschritten, größtenteils im Bereich bis zu 10 kg ha-1 a-1, auf 6 % jedoch deutlich darüber. Doch sind nur noch an wenigen Standorten so extrem hohe Überschreitungen der Belastbarkeitsgrenzen anzutreffen, wie es Ende des letzten und Anfang dieses Jahrhunderts noch der Fall war.

    Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, dass die im deutschen Datensatz ausgewiesenen ökologischen Belastungsgrenzen die Ökosysteme langfristig und nachhaltig vor schädigenden Einflüssen schützen. Demzufolge bleibt ein vorrangiges Ziel, die Critical Load im nationalen Maßstab einzuhalten. Dort, wo die aktuellen Depositionen von Luftschadstoffen noch oberhalb der Belastungsgrenzen liegen, ist die Überschreitung zu vermindern und sind die Einträge weiter in Richtung auf die Belastbarkeitsgrenzen zu senken.

    Eine ausführliche Darstellung der Methoden und Ergebnisse findet sich in den UBA-Texten 63/2014
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